8.1.1 Kriterien zur Beurteilung von Relativsätzen


Was wird referenziert?

Man sollte sich klar machen, dass ein einzelnes Element referenziert werden kann oder ein Sinnzusammenhang.

Was wird referenziert?
Referenzierung eines Elementes des Hauptsatzes
Siehst du den Mann, der mir gestern mein Geld geklaut hat?
Referenzierung eines Sinnzusammenhanges
Er hat nie geglaubt, was sie ihm erzählte.

Nominativ, Genitiv, Akkusativ, Dativ

Es ist sinnvoll, sich klar zu machen, dass hinsichtlich der Deklination allein die Funktion des Relativpronomens innerhalb des Relativsatzes zu berücksichtigen ist, die Funktion des referenzierten Objektes innerhalb des Hauptsatzes spielt diesbezüglich keine Rolle.

Nominativ, Genitiv, Akkusativ, Dativ
a1) Der Mann, der über die Straße geht, ist mein Onkel.
a2) Der Mann, dessen Auto gestohlen wurde, ist mein Onkel.
a3) Der Mann, dem ich eine Uhr geschenkt habe, ist mein Onkel.
a4) Der Mann, den ich sehe, ist mein Onkel.
b1) Den Mann, der über die Straße geht, sehe ich.
b2) Dem Mann, der über die Straße geht, habe ich eine Uhr geschenkt.
b3) Das Auto des Mannes, der über die Straße geht, hat einen Platten.

In den Sätzen a) ist der Mann immer Subjekt des Satzes, Nominativ, das spielt aber für den Relativsatz keine Rolle. Im Relativsatz ist der Mann Nominativ (a1), Genitiv (a2), Dativ (a3) oder Akkusativ, (a4). In den Sätzen b ist zwar der Mann immer Subjekt also Nominativ des Relativsatzes, im Hauptsatz jedoch ist er Akkusativ (b1), Dativ (b2) oder Genitiv (b3).

Unklares Bezugsobjekt

Es gibt Fälle, wo es unklar ist, auf wen sich das Relativpronomen bezieht. Das interessiert uns insofern, als das Italienische hier manchmal in der Lage ist, die Zweideutigkeit aufzulösen, wir kommen darauf noch zurück.

Die Freundin meiner Mutter, die gerade vereist ist, war in Italien.

Es ist unklar, ob die Freundin oder die Mutter gemeint ist.

Mit oder ohne Präposition

Schwierigkeiten entstehen auch dann, auch darauf werden wir noch zurückkommen, wenn vor dem Relativpronomen ein Pronomen steht.

Das Messer, mit dem er die Butter auf' s Brot schmierte, war schwarz.
Der Stuhl, auf den er sich setzte, brach zusammen.

Erweiterte und restriktive Relativsätze

Dieses Begriffspaar kennen wir im Deutschen gar nicht, weil wir im Deutschen nicht unterscheiden müssen, ob es sich um einen erweiterten oder restriktiven Relativsatz handelt, es ist im Deutschen egal, denn beide werden durch Komma vom Hauptsatz getrennt und beide verwenden die gleichen Relativpronomen, eine Unterscheidung ist also nicht nötig. Last not least haben wir aber auch auf der semantischen, also die Bedeutung betreffend, im Deutschen, im Gegensatz zum Italienischen, keinen Unterschied, können uns aber trotzdem klar machen, worin der Unterschied liegt. Betrachten wir einmal diesen Satz.

Die Männer, die zuviel rauchen, werden an Krebs erkranken.

Eigentlich könnte der Satz zweierlei bedeuten, wir sehen das, wenn wir sie ein bisschen anders hinschreiben.

a) Diejenigen Männer, die zuviel rauchen, werden an Krebs erkranken.
b) Die Männer, die ja immer zuviel rauchen, werden an Krebs erkranken.

Wir sehen problemlos ein, dass diese beiden Sätze nicht das gleiche bedeuten, und dass man den Ursprungssatz sowohl mit der Version a) wie auch mit der Version b) präzisieren könnte. Bei a) haben wir einen restriktiven Relativsatz, der dem Satz eine wesentliche Information liefert, gemeint sind nämlich nicht alle Männer, sondern nur die, die zuviel rauchen. Bei b) haben wir einen erweiterten Relativsatz, hier schränkt der Nebensatz die Gruppe nicht ein, es sind schlicht alle Männer, die rauchen alle zuviel und werden folglich alle an Krebs erkranken.

Ein restriktiver Relativsatz ist also restriktiv, einschränkend, beschreibt das Referenzierte näher oder beschränkt die Anzahl der Mitglieder auf die Mitglieder der Gruppe, die die beschriebene Eigenschaft besitzen. Der erweiterte Relativsatz liefert lediglich eine zusätzliche Information zu dem vom Relativpronomen referenzierten Objekt, bzw. beschreibt die Gruppe näher, ohne jedoch eine Auswahl der Gruppenmitglieder vorzunehmen.

Goethe, der 1749 geboren wurde, war älter als Schiller.

Auch hier haben wir es mit einem erweiterten und erweiternden Relativsatz zu tun, denn die Information beseitigt keine Unklarheiten in Bezug auf das Referenzierte, Goethe. Dieser ist eindeutig definiert, der Relativsatz liefert lediglich eine zusätzliche Information. Anders verhält es sich mit diesem Satz.

Der Mann, der über die Straße geht, ist ein Freund meiner Mutter.

Hier haben wir einen restriktiven Relativsatz, der Mann wird näher beschrieben, die Information ist für das Verständnis des Satzes essentiell, würde er fehlen, so würde sich jeder fragen, von welchem Mann die Rede ist.

Eine andere Möglichkeit, sich den Unterschied zwischen einem erweiterten Relativsatz und einem restriktiven Relativsatz klar zu machen, ist sich zu überlegen, ob der Satz ohne den Relativsatz noch einen Sinn ergäbe, bzw. ob er verstanden werden kann, ohne dass nachgefragt wird.

a) Dante Alighieri, der größte italienische Dichter, lebte von 1265 bis 1321.
b) Die Äpfel, die gentechnologisch manipuliert sind, dürfen in Deutschland nicht in den Handel kommen.

Bei a) können wir den Relativsatz weglassen, wir wissen, wer Dante Alighieri ist, der Relativsatz liefert nur eine zusätzlich Information, ist aber für das Verständnis des Satzes nicht essentiell, es ist ein erweiterter Relativsatz. Niemand hätte den Eindruck, dass etwas fehlen würde, wenn man den Relativsatz wegließe.

Dante Alighieri lebte von 1265 bis 1321.

Bei b) allerdings haben wir eine vollkommen andere Situation. Lassen wir den Relativsatz hier weg, wird er nicht nur unverständlich, sondern der Sinn wird radikal verändert, ohne den restriktiven Relativsatz hätten wir:

Die Äpfel dürfen in Deutschland nicht in den Handel kommen.

Das würde sofort die Frage aufwerfen, von welchen Äpfeln die Rede ist. In diesem sehr plastischen Beispiel, erkennen wir sofort, dass der Relativsatz eine wesentliche Funktion hat, ohne ihn wäre der Satz absurd, würde bedeuten, dass in Deutschland keine Äpfel mehr verkauft werden dürfen. Wie bereits erwähnt ist die Unterscheidung zwischen einem erweiterten und restriktiven Relativsatz im Deutschen nicht zu treffen, weil es hinsichtlich Interpunktion und der Art der Pronomen keinen Unterschied macht. Im Italienischen allerdings macht es einen Unterschied und folglich ist diese Unterscheidung zu treffen. Last not least. Alle romanischen Sprachen treffen diese Unterscheidung, sollten Sie also Spanisch und / oder Französisch sprechen, dann haben Sie hier die Möglichkeit, Ihre Kenntnisse zu vertiefen. Auch in diesen Sprachen gibt es in Abhängigkeit vom Typ des Relativsatzes unterschiedliche Optionen bei den möglichen Relativpronomen und der restriktive Relativsatz wird nicht (!) durch ein Komma getrennt, der erweiterte schon. Nur mal so als Nebenbemerkung, wenn Sie diese Sprachen studieren oder beruflich damit beschäftigt sind. Dass über den Unterschied so selten gesprochen wird, liegt daran, dass die überwältigende Mehrheit der Relativsätze restriktive Relativsätze sind, man also selten Anlass hat, sich zu vergegenwärtigen, dass es zwei Typen von Relativsätzen gibt.





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