Giuseppe Abba

1) Anmerkungen zur Didaktik
2) Biographie Giuseppe Abba
3) Historischer Kontext


 1) Anmerkungen zur Didaktik


Der Text ist aus didaktischer Sicht, also was das Erlernen der italienischen Sprache angeht, völlig sinnlos.  In syntaktischer  Hinsicht und  in Bezug auf den Wortschatz weicht er vom heutigen Standarditalienisch, gesprochen wie geschrieben, erheblich ab.  Desweiteren ist er nur verständlich, wenn sehr, sehr gute Kenntnisse sowohl über die französische    Revolution, wie auch über die italienischen Befreiungskriege vorliegen.  Ganz im Gegensatz zu dem, was der Titel suggeriert, handelt es sich eben nicht um eine „Chronik“, sondern um eine Interpretation der geschichtlichen Ereignisse, wobei diese nicht systematisch dargestellt, sondern  nur angedeutet  werden.  Interessant ist dieser Text ausschließlich für Leute, die Italianistik studieren. Dann könnte man den Text zur Grundlage eines sehr fortgeschrittenen Hauptseminare nehmen und die historischen Bezüge, die Interpretation derselben und die Sprache  zu analysieren. Er gäbe die Möglichkeit, die auch für das heutige Italien wichtigen historischen Ereignisse, die schließlich zur Einigung Italiens führten,  aufzudrösseln.

Wer sich jetzt fragt, warum der Text, der offensichtlich didaktisch völlig sinnlos ist, hier eingespeist wurde, der  bekommt eine ziemlich knackige Antwort.  Es ist ein Missverständnis. Es wurde ein anderer Text eingelesen, als vereinbart war. Da er aber nun mal in einem professionellen Tonstudio eingesprochen wurde und ohnehin da war, haben wir ihn eingebaut.  Des weiteren können wir auch nicht ausschließen, dass irgendjemand Italianistik studiert oder ein massives Interesse an italienischer Geschichte hat.

 2) Biographie Giuseppe Abba

Im wesentlichen handelt der Text von Ereignissen, die Invasion Napoleons in Italien,  die vor der Geburt Giuseppe Cesare Abbas stattgefunden haben, die aber, so die Interpretation Abbas, für die Einigung Italiens und das Entstehen eines italienischen Nationalbewusstseins maßgeblich waren.  Die Epoche, von der Text handelt, ist aber mit mit der Schlacht bei Waterloo, bei der Napoleon endgültig geschlagen wurde, zu Ende.  Der Text beschreibt die Wirkungen der französischen Revolution, die Bedeutung Napoleons für Italien und andeutungsweise einzelne Schlachten  des napoleonischen Heeres  in Italien. Abba sieht in diesen Ereignissen den Ursprung der italienischen Unabhängigkeitsbewegung,  er selbst wurde aber  erst am 6. Oktober 1838 in Cairo Montenotte (Ligurien / Nähe französische Grenze), der Stadt also in der, bedingt durch den Sieg Napoleons über die sardisch-österreischein Truppen dessen kometenhafter Aufstieg begann, geboren. Nach der Grundschule besuchte er ein von Scolopi geleitete Schule in Carcare (etwa 40 km südlich von Montenotte). Die Scolopi, eigentlich Chierici Regolari Poveri della Madre di Dio delle Scuole Pie, waren ein Orden, der sich um die Ausbildung der Kinder weniger begüterter Familien kümmert. Die Episode aus Chronache di Memoria, die das Leben in einem Seminar dieser Einrichtung schildert, ist also biographisch. Aus eigenem Erleben beruht auch die Schilderung der Patres, die noch zu diesem Zeitpunkt glühende Anhänger der Revolution von 1848 waren (siehe unten historischer Kontext). 1858 studiert er kurz an der Universität Genua, verließ diese aber wieder um am zweiten italienischen Befreiungskrieg teilzunehmen (siehe unten historischer Kontext). Er schloss sich Garibaldi bei dessen "Marsch der 1000" gegen das Königreich beider Sizilien an. Dieses war aufgrund der Herkunft des Königspaares sowohl mit Österreich wie mit Spanien liiert und somit ein Hemmnis auf dem Weg zur italienischen Einigung und wurde mit der Einnahme Neapels 1860 durch Garibaldi eliminiert. Diese Episode, an der Abba selbst beteiligt war, spielt aber in Chronache a Memoria keine Rolle. 1861 kehrt er nach Cairo Montenotte zurück, um sich dort öffentlichen Aufgaben zu widmen, 1862 nimmt er ein Studium in Pisa auf. 1866 schließt er sich wieder den Truppen Garibaldis an und nimmt (dritter italienischer Befreiungskrieg, siehe historischer Kontext) am 21. Juli 1866 an der Schlacht von Bezzecca (Bezzecca liegt nördlich des Gardasees) teil, bei der die Österreicher unterlagen.  Ab dann widmet er sich nur noch seiner schrifstellerischen Tätigkit. 1884 wird er Professor am Istituto Tecnico von Brescia, wo er 26 Jahre unterrichtet. Er stirbt in Brescia am 6. November 1910.

 3) Historischer Kontext

Der Bericht umfasst die Zeit von der französischen Revolution, mit Schwerpunkt Nachbeben selbiger, also mit dem Zeitalter Napoleons und die drei italienischen Unabhängigkeitskriege,  allerdings kommen nur die Ereignisse ins Blickfeld, die sich in Piemont / Ligurien abgespielt haben.  Insbesondere ist die Rolle Garibaldis, zu dem Abba aufgrund eigener Betätigung den engsten Bezug hatte, in der Erzählung komplett ausgeklammert.

Einige grundlegende und wie bei Wikipedia übliche sehr guten Artikel finden sich hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Risorgimento
http://de.wikipedia.org/wiki/Italienische_Unabhängigkeitskriege
http://de.wikipedia.org/wiki/Italienfeldzug
http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Novara_(1849)

Es handelt sich also um vier historische Abschnitte.

a) Zeitraum 2. März 1796 (Das Direktorium übergibt Napoleon den Oberbefehl über die Italienarmee) bis 17. Oktobeer 1797 (Frieden von Formio)
b) Erster italienischer Befreiungskrieg  1848 / 49
c) Zweiter italienischer Befreiungskrieg 1859
d) Dritter Italienischer Befreiungskrieg 1866 bis 1870

a) Kurz thematisiert wird in dem Bericht das allererste Eindringen der Jakobiner nach Italien und das überspringen der Ideale und Ideen von Frankreich nach Italien. Breiten Raum nimmt aber nur die Schilderung die Feldzüge Napoleons ein, mit zahlreichen Querverweisen zur Situation in Frankreich. Innenpolitisch war Frankreich instabil und das zweite Direktorium, dem auch Barras, der Liebhaber von Joséphine de Beauharnais, der späteren Frau von Napoleon angehörte, hätte sich nicht halten können, wenn Napoleon einen Aufstand königstreuer Truppen nicht niedergeschlagen hätte (die Episode wird in der Geschichte von Abbas erwähnt). Frankreich befand sich zu diesem Zeitpunkt in permanentem Krieg mit fast allen Monarchien Europas, in der Zeit unmittelbar nach der französischen Revolution aber vor allem mit Österreich, zu dessen Hoheitsgebiet auch Norditalien gehörte. Entweder direkt, wie die Lombardei oder als Verbündete wie Sardinien-Piemont Victor Amadeus III (Zu diesem Zeitpunkt! Später wird sich Sardinien-Piemont an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegung stellen!)  Napoleon führt also in Italien Krieg gegen die Truppen Österreichs und gegen die Truppen von Sardinien – Piemont. Die Schlachten sind in dem Bericht von Giuseppe Abbas ausführlich beschrieben. Da Napoleon über weniger und schlechter ausgebildete Truppen verfügt, schlägt er zuerst die Österreicher und dann die Sardinien – Piemont. In der Schlacht bei Montenotte am 12. April 1796 schlägt er die Österreicher, in der Schlacht bei Millesimo am 13. April 1796 und in der Schlacht von Dego am Tage darauf die Truppen von Sardinien-Piemont. In Turin wird am 18. Mai1796 in Turin einen Friedensvertag, in welchem das Herscherhaus der Savoyen Nizza an Frankreich abtritt. Die Nachfolger auf dem Thron der Savoyen, Karl Emanuel IV, Viktor Emanuel und Karl Felix spielen für die Geschichte von Abbas keine Rolle. Eine Rolle wird erst wieder, jetzt als Führer der Unabhängigkeitsbewegung, Karl Albert spielen. In der Geschichte wird erwähnt, dass dessen Ursprung beim italienischen Volk zu Kontroversen führte. Tatsächlich entstammt Karl Albert einer Nebenlinie der Savoyen. Er besteigt den Thron, nachdem Karl Felix, der letzte Sohn von Victor Amadeus III kinderlos geblieben war. Karl Albert wiederum, der sich an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegung gestellt  und Österreich (!) den Krieg erklärt hatte, tritt nach der Niederlage  von Novara (1849) zurück. Der in der Geschichte erwähnte und vom Volk verehrte Emanuel ist dessen Sohn, Victor Emanuel II (geb. 14.März 1820 in Turin, gest. 9. Januar 1878 in Rom). Doch dies gehört in den Part c) und d).
Im Zuge der Feldzüge Napoleons fällt fast ganz Italien, inklusiv des Kirchenstaates, unter die Herrschaft Napoleons. Im Friedensvertrag von Campo Formio vom 17. Oktober 1797 erhält Frankreich des weiteren die zu Österreich gehörenden Niederlande. Einzig  Venedig, als Ausgleich dafür, dass die Lombardei zur Cisalpinischen Republik unter französischer Herrschaft umgestaltet wird, verbleibt bei Österreich.

b) Auf das Jahr 1848 wird im Text sehr oft Bezug genommen. Abba ist zu diesem Zeitpunkt 10 Jahre alt. Das Datum 1848 / 49 wird in vielen Darstellungen unter erster italienischer Befreiungskrieg zusammengefasst. Das kann man aus didaktischen Gründen so sehen, tatsächlich bereitete natürlich der Zeitraum zwischen 1815 (Abdankung Napoleons und Restauration) und 1848, Aufstände in mehreren italienischen Städten / Provinzen gegen die österreichische Fremdherrschaft die
Ereignisse vor, insbesondere fällt in diesen Zeitraum auch das erste Exil in Amerika des für Italien so bedeutenden, noch heute als Freiheitskämpfer verehrten, Guiseppe Garibaldi. Allerdings wird über die Ereignisse dieser Jahre, im Text von Abbas nichts berichtet. Dieser Zeitraum ist gekennzeichnet durch das entstehen mehrerer Bewegungen, unterschiedlicher politischer Ausrichtungen, linksliberal, Anhänger einer konstitutionellen Monarchie, Strömungen, die stark von den Idealen der Französischen Revolution geprägt waren etc.. Einig waren sich alle diese Strömungen nur im Kampf für die italienische Vorherrschaft in Italien, also vor allem darin, von Österreich unabhängig zu werden. Von diesen Gruppierungen werden im Text mehrere kurz erwähnt: Die Carbonari (Der Name leitet sich von Carbonaro, Köhler, ab, weil diese ihr Organisation mit aus der Köhlerei enthehnten Begriffen beschrieben. Barraca, Hüte, war der Versammlungsort, vendita, Markt, die Versammlungen.). Die interne Struktur ähnelte der einer Freimaurerloge. Die Carbonai hatten zeitweise 600 000 Mitglieder. 1820 organisierten sie Unruhen in Neapel, wodurch der Bourbone Ferdinand I, König beider Sizilien (im wesentlichen also Sizilien selbst und Unteritalien), gezwungen war, eine Verfassung zu erlassen. Das wiederum rief die Österreicher auf den Plan und das wiederum die Franzosen. Die der gesamte Verlauf der Geschichte im Königreich beider Sizilien spielt aber, obwohl bedeutsam, in dem Text von Abba keine Rolle. Mehrere Male wird im Text Giuseppe Mazzini genannt. Giuseppe Mazzini war selbst anfänglich ein Mitglied der Carbonari, bis diese in der von ihm gegründeten Bewegung "neues" Italien aufgingen. Diese Bewegung erlangte vor allem durch die von Manzzini gegründete Zeitschrift gleichen Namens Giovine Italia / Junges Italien Bedeutung. Nur beiläufig erwähnt wird die Figur, die im italienischen Nationalbewußtsein, aufgrund der Tatsache, dass sie die militärisch erfolgreichste war, heute am stärksten präsent ist, Guiseppe Garibaldi. Garibaldi organisierte früh, 1834, einen Aufstand in Piemont, der jedoch scheiterte, worauf Garibaldi nach Südamerika flüchtete, wo er an den Kriegen teilnahm, die die sich in Enstehung befindlichen südamerikanischen Nationen nach der Befreiung von Spanien gegeneinander führten. All diese Strömungen, zusammen mit dem Wunsch des Bürgertums nach wirtschaftlichen Reformen führte schließlich im März 1848 zum Aufstand in Mailand. Die österreichischen Truppen mussten sich auf ihre Festungen in Mantua, Peschiera del Garda, Verona, Legnano zurückziehen. Dies löste nun ein Reihe von Kettenreaktionen aus, die schließlich ganz Italien erfassten. Das Königreich Piemont-Sardinien unter den Reformen gegenüber aufgeschlossenen Karl Albert erklärte sich nun zur Schutzmacht der Lombardei und erklärte Österreich den Krieg. Es kommt zu einem heterogenen Bündnis aus dem Kirchenstaat, dem Königreich beider Sizilien und den Truppen der Lombardei. Heterogen ist das Bündnis, weil Ferdinand II, König beider Sizilien, gegen weitergehende Reformen war. Papst Pius IX war zwar zu Beginn seiner Amtszeit Hoffnungsträger der italienischen Unabhängigkeitsbewegung und ein Reformer, allerdings nie in dem Maße, wie das Volk das wünschte. In Goito (30. Mai 1848) waren die sardisch-piemontesischen Truppen erfolgreich, Karl-Albert wird zum König von Italien ausgerufen. Allerdings musste Ferdinand II, der aufgrund seiner erzkonservativen Haltung im eigenen Land Problem hatte, seine Truppen genauso zurückziehen, wie Papst Leo IX. So geschwächt erlitt Karl Albert in der Schlacht bei Custozza am 25. Juli 1848 eine Niederlage. Den Österreichern gelingt es, ihre Vorherrschaft in Italien wieder herzustellen. Da Karl-Albert glaubte, dass Österreich durch innenpolitische Probleme geschwächt wäre, erklärte er erneut den Krieg, wurde aber am  23. März 1849 bin Norvara, in der Nähe Turins, geschlagen. Erwähnt ist die Episode im Text von Abba, als die Kutsche geschildert wird, durch die Karl-Albert ins portugiesische Exil fährt. Sein Nachfolger wird sein Sohn Viktor Emanuel II. Abba ist zu diesem Zeitpunkt 11 Jahre alt. Manzinni und Garibaldi  riefen am 9. Februar 1849 die römische Republik aus, Papst Pius IX flüchtete. Die Truppen  Garibaldis wurden aber von Frankreich, das zugunsten des Papstes intervenierte,  geschlagen. Garibaldi, der in dem ganzen Text keine Rolle spielt, geht zum zweiten Mal ins Exil. Diesmal nicht Süd- sondern nach Nordamerika.  Damit ist die die 48 Revolution komplett gescheitert.

c)  Das Problem mit dem zweiten italienischen Befreiungskrieg ist dasselbe, wie mit dem ersten. Es handelt sich um ein didaktisches Konstrukt, aber jedem ist klar, dass zwischen 1849 und 1859 die Zeit nicht stillstand. Das Königreich Sardinien-Piemont gibt, vor allem unter dem Ministerpräsidenten Camilo Benso di Cavour (dieser wird im Text mehrfach genannt), den Versuch, Italien aus eigener Kraft zu befreien auf und sucht sich Bündnispartner, vor allem Frankreich, welches ebenfalls an einer Schwächung Österreichs interessiert ist. Es gelingt ihm Napoleon III, ihm Austausch gegen die Stammländer der Savoyen Dynastie Savoyen und Nizza (was zu einem Konflikt mit Giuseppe Garibaldi führen wird)  Frankreich für ein Bündnis mit Sardinien – Piemont zu gewinnen. Als Österreich nun Sardinien – Piemont angreift, kommt es zum sardischen Krieg, bei dem Österreich in der Schlacht von Solferini (in der Nähe des Gardasees) am 24. Juni 1859 unterliegt. Damit ist, bis auf wenige Ausnahmen,  wie die Modena, Parma, Bologna,  Emilia-Romagna die Vorherrschaft Österreichs in Italien gebrochen. Volkabstimmungen und Aufstände im März 1860 werden aber auch dort schon bald die österreichische Vorherrschaft beenden. Einzig Venetien (Hauptstadt Venedig) verblieb bei Österreich. Genau so bedeutend, und für Abba selbst noch viel bedeutender, weil er an diesen Feldzügen teilnahm, ist der von Giuseppe Garibaldi (der 1854 aus dem Exil in die USA zurückgekehrt war) parallel hierzu durchgeführte Marsch der 1000, der das Königreich der beiden Sizilien stürzte. Das Königreich der beiden Sizilien gehört ab dann zum Königreich Sardinien – Piemont.

d)  Nach 1859 war die österreichische Vorherrschaft  in Italien gebrochen, eine Ausnahme bildete nur der Kirchenstaat und Venetien (wie auch Triest, das aber erst am 18. Januar 1919 italienisch wurde). Der Versuch Italiens Venetien mit militärischen Mitteln von Österreich loszulösen schlug fehl. In der zweiten Schlacht von Custozza wurden die Italiener geschlagen. Da aber Österreich durch den Krieg mit Preußen geschwächt war, musste Österreich Venetien an Frankreich abgeben, welches es dann wiederum an Italien abgab. Schließlich wurde 1870 auch Rom erobert, da Frankreich wegen des deutsch - französischen Krieges als Schutzmacht ausfiel. Diese Ereignisse spielen im Text von Abba keine Rolle.







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