10.3.5 Verwendung des congiuntivo

Wie bereits oben erwähnt, wird der congiuntivo nach allen Konjunktion, Verben und idiomatischen Ausdrücken verwendet, die einer emotional gefärbten Sicht Ausdruck verleihen. Emotional gefärbt heißt, dass etwas gewünscht, geglaubt, befürchtet, beabsichtigt, erhofft, befohlen oder gewollt wird. Weiter steht der congiuntivo bei Irrealität und Unsicherheit, bzw. der Sprecher dies subjektiv für irreal oder unsicher hält.

10.3.5.1 Congiuntivo nach Verben des Fürchtens, Wünschens, Glaubens, Hoffens, Befehlens etc.

Vorbemerkung: Wenn Sie Französisch oder Spanisch sprechen, haben Sie sich vielleicht schon öfter mal darüber Gedanken gemacht, warum Verben wie espérer (hoffen auf Französisch) oder creer (glauben auf Spanisch) nicht den subjonctif bzw. den subjuntivo verlangen, obwohl sie einer emotional gefärbten Sicht der Realität Ausdruck verleihen. Wenn Sie das immer schon unlogisch fanden, so dürfen Sie sich jetzt freuen, Sie hatten definitiv Recht! Im Italienischen wird das konsequent durchgezogen, alle Verben, die auf die subjektiv gefärbte Sicht der Realität abstellen, verlangen den congiuntivo, das Italienische zieht das also ziemlich stringent durch.

Folgende Verben erzwingen im Italienischen den congiuntivo
avere l' impressione (den Eindruck haben)
Papa Ratzinger, ho l'impressione, si contraddica quando esorta a rispettare i valori fondati sulla natura umana, e poi ai sacerdoti impone il celibato.
Der Papst Ratzinger: Ich habe den Eindruck, dass er sich widerspricht, wenn er die Respektierung der auf der menschlichen Natur basierenden Normen anmahnt, dann aber den Priestern das Zölibat auferlegt.
aspettarsi (erwarten)
Io non mi aspetto che un sistema appena rilasciato funzioni perfettamente.
Ich erwarte nicht, dass ein erst vor kurzem freigegebenes System perfekt funktioniert.
credere (glauben)
Crediamo che la diversità culturale sia un valore da difendere.
Wir glauben, dass die kulturelle Diversität ein Wert ist, denn es zu verteidigen gilt.
desiderare (wünschen)
Desiderate che io scriva, parli, danzi ofaccia smorfie?
Wollt ihr dass ich schreibe, spreche, tanze, Grimassen schneide?
dubitare (zweifeln)
Dubito che lui non lo abbia fatto.
Ich bezweifle, dass er es nicht gemacht hat.
dispiacere (Leid tun)
Mi dispiace che la Russia e la Cina non ti abbiano accettato.
Es tut mir leid, dass Russland und China dich nicht akzeptiert haben.
essere contento (zufrieden sein)
Sono contento che tu sia tornato a scrivere.
Es freut mich, dass du wieder zu schreiben angefangen hast.
essere felice (glücklich sein)
Sono felice che tu partecipi alla discussione.
Es freut mich, dass du an der Diskussion teilnimmst.
essere deluso (enttäuscht sein)
Siamo delusi che sia andata a finire in questo modo.
Wir sind enttäuscht, dass es so geendet hat.
essere dell' opinione (der Meinung sein)
Io sono dell'opinione che noi uomini non abbiamo nè il compito nè il potere di decidere quando una persona deve morire!
Ich bin der Meinung, dass wir Menschen weder die Aufgabe noch die Macht haben zu entscheiden, wann jemanand sterben sollte.
essere persuaso (überzeugt sein)
Sono persuaso che tra il popolo russo e quello italiano ci siano molte cose in comune.
Ich bin überzeugt davon, dass es zwischen dem russischen und dem italienischen Volk viele Gemeinsamkeiten gibt.
essere convinto (überzeugt sein)
Siamo convinti che simili decisioni possano essere prese solo dopo la piena approvazione della popolazione locale, che ha il diritto di essere totalmente informata sul progetto.
Wir sind davon überzeugt, dass solche Entscheidungen nur getroffen werden können, wenn die örtliche Bevölkerung vollständig zugestimmt hat, und dass diese das Recht hat, über das Projekt vollständig informiert zu werden.
immaginare (vorstellen, vermuten)
M'immagino che non sappia che Rodrigo è mio nipote.
Ich vermute, dass er nicht weiß, dass Rodrigo mein Neffe ist.
non vedere l' ora (es kaum erwarten können)
Non vedo l'ora che sia domani.
Ich kann den morgigen Tag kaum abwarten.
ordinare (befehlen)
Ci ordinò che tornassimo il giorno dopo.
Aber er befahl uns, dass wir am Montag zurück sind.
preoccuparsi (sich sorgen)
Mi preoccupa che Veltroni abbia sentito la necessità di dirlo.
Es beunruhigt mich, dass Veltroni es für notwendig befand, es zu sagen.
rallegrarsi (sich freuen)
Mi rallegro che tu sia arrivato a Roma in buone condizioni.
Es freut mich, dass du wohlerhalten in Rom angekommen bist.
sembrare (scheinen)
Mi sembra che manchi qualcosa.
Mir scheint es fehlt etwas.
sperare (hoffen)
Spero che tu ora stia meglio.
Ich hoffe, dass es dir jetzt besser geht.
temere (fürchten)
Temiamo che una nuova guerra in Iraq rischi di aggravare e di estendere la crisi.
Wir befürchten, dass ein neuer Irakkrieg die Gefahr heraufbeschwört, dass die Krise im Irak sich verschlimmert und ausdehnt.
vergognarsi (schämen)
Mi vergogno che nessuno faccia niente per impedire tutto ciò!
Ich schäme mich dafür, dass niemand etwa tut, dies zu verhindern.
volere (wollen)
Io voglio che lui lavori di più.
Ich will, dass er mehr arbeitet.
preferire (vorziehen)
Io preferisco che il mio blog sia qualcosa di personale, simile ad un diario.
Ich ziehe es vor, dass mein blog etwas persönliches ist, ähnlich einem Tagebuch.
pensare (glauben)
Io penso che tu pensi.
Ich denke, dass du denkst.

Verben, die den congiuntivo nur verlangen, wenn auf eine subjektiv gefärbte Haltung der Realität gegenüber abgestellt wird.

Die Verben sehen / vedere und fühlen / sentire, haben im Italienischen wie im Deutschen zwei verschiedene Bedeutungen. Zum einen stellen sie ab auf einen der fünf Sinne zum anderen auf einen mentalen Prozess. Wird allein auf die Sinneswahrnehmung abgestellt, steht der Indikativ, wird auf den mentalen Prozess abgestellt, steht der congiuntivo.

mit indicativo
Io vedo che lui lavora, ma non so se sia capace di fare questo lavoro.
Ich sehe, dass er arbeitet, aber ich weiß nicht, ob er in der Lage ist, diese Arbeit zu machen.
mit congiuntivo
Non vedo che ci sia di male in questo cartone.
Ich sehe nicht, was an diesem Comic böse sein soll.

Verben, die den congiuntivo nur in den verneinten Formen verlangen

  non sapere (nicht wissen)
Non so che abbia detto.
Ich weiß nicht, was er gesagt hat.
  non essere sicuro (nicht sicher sein)
Non sono sicuro che lui sia venuto.
Ich bin nicht sicher, ob er gekommen ist.

Anzumerken bleibt noch, dass bei den Verben pensare, credere, immaginare, ritenere auch zunehmend der indicativo verwendet wird, es geht also etwas in Richtung Französisch, wo diese Verben ja in affermativer Verwendung den indicatif verlangen, negiert jedoch den subjonctif. In negierter Form (Io non credo che lui sia venuto) steht auch im Italienischen immer der congiuntivo, aufgeweicht wird nur in affermativer Verwendung. Wir wollen uns ja bekanntlich nicht die inneren Angelegenheiten der romanischen Völker einmischen, aber der Standard ist a) logisch koherenter und b) didaktisch günstiger. Diese Verben drücken Unsicherheit aus, der congiuntivo ist hier sinnvoll. Alternativ könnte man noch auf das spanische System einschwenken, im Spanischen verlangen diese Verben schlicht immer den indikativo, egal ob verneint oder bejaht. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Spanier, Italiener und Franzosen mal zum gemütlichen Beisammensein mit Paella, Pizza, Ratatouille oder was auch immer zusammenfänden und hier zu einer einheitlichen Linie finden würden. Wir lieben sie ja und folgen treu ihren Spuren, wohin diese uns auch immer führen mögen, aber über eine einheitliche Linie würden wir uns auch freuen.





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